Kennzeichnung mit „Frei von“ oder „ohne“: Wie Sie mit solchen Claims umgehen

Jeder, der mit offenen Augen an Kosmetikregalen im Einzelhandel vorbeiläuft, kennt sie: Die „Frei von“- oder „ohne“-Kennzeichnung. Doch wie sinnvoll ist diese Art der Kennzeichnung oder ist sie gar verboten? 

 

Für die Bewerbung von kosmetischen Mitteln bildet die Claims Verordnung 655/2013 (Claims VO) die gesetzliche Grundlage. Hier ist unter anderem aufgeführt, dass die Werbung lauter, redlich und wahrheitstreu sein muss. Die Vorgaben in der Claims VO sind allerdings ziemlich vage gehalten. Zur Konkretisierung hat eine Arbeitsgruppe von Vertretern der Mitgliedsstaaten der EU ein Technical Document on Cosmetic Claims erarbeitet. Hier wurde versucht, die doch recht allgemein gehaltenen Vorgaben der Claims VO greifbar zu machen und mit Beispielen zu unterlegen. Hervorzuheben ist, dass dieses Technical Document keinen Gesetzescharakter hat und somit rechtlich nicht verbindlich ist. Allerdings kann es bei der Entscheidungsfindung vor Gericht zu Rate gezogen werden. 

 

In diesem Technical Document existiert ein ganzer Abschnitt, der sich mit der „Frei von“ -Kennzeichnung befasst. Unter der Prämisse „Lauterkeit“ ist aufgeführt, dass die „Frei von“-Kennzeichnung Inhaltsstoffe, die rechtmäßig in kosmetischen Mitteln eingesetzt werden können, nicht herabsetzen darf. Als Beispiel werden hier die Parabene aufgeführt. Parabene sind eine Gruppe von Konservierungsstoffen, die in der Kosmetik Verordnung 1223/2009 (KVO) in der Liste der erlaubten Konservierungsstoffe mit Grenzwerten aufgeführt sind. Dies bedeutet, dass diese Stoffgruppe bis zu den in der KVO aufgeführten Grenzen toxikologisch bewertet und als „sicher“ erachtet wurde. Die Verwendung von Parabenen zur Konservierung von kosmetischen Mitteln ist damit erlaubt und sicher. Werden Produkte nun mit „Frei von Parabenen“ beworben, so wird die Gruppe der Parabene unrechtmäßig herabgesetzt. Dies wird als „nicht lauter“ eingestuft und ist damit verboten. 

 

Ein anderes Szenario, in der eine „Frei von“-Kennzeichnung als „verboten“ anzusehen ist, bezieht sich auf den Grundsatz der Redlichkeit. Wird ein Produkt mit „Frei von Konservierungsstoffen“ beworben, obwohl diese Produktart generell ohne Konservierungsstoffe auskommt, so ist dies als unredlich zu betrachten. Veranschaulichen lässt sich dies an der Produktgruppe der Parfüme. Parfüme enthalten generell einen sehr hohen Alkoholgehalt, der selbst konservierend wirkt. Ein Zusatz von Konservierungsstoffen ist somit nicht nötig und wird in der Praxis auch nicht angewendet. 

 

Weiter ist die Werbung mit „Frei von Konservierungsstoffen“ auch verboten, bzw. wird als unredlich eingestuft, wenn ein Produkt zwar keine Konservierungsstoffe aus Anhang V der KVO enthält, dafür aber andere, konservierend wirkende Inhaltsstoffe wie z. B. Alkohol oder ätherische Öle enthalten sind. Diese Beispiele lassen sich auch auf die Gruppe der Farb- und der Duftstoffe übertragen. 

 

Jetzt könnte der Eindruck entstanden sein, eine „Frei von“-Kennzeichnung wäre generell verboten. Dem ist jedoch nicht so. Explizit erlaubt ist eine „Frei von“-Kennzeichnung, wenn sie dem durchschnittlich informierten Verbraucher zur Entscheidungsfindung am Regal behilflich und dienlich ist. Als Fall-Beispiel führt hier das Technical Document den Claim „Acetonfrei“ bei Nagellackentfernern auf.

  

Ob die „Frei von“-Kennzeichnung auf dem Etikett Ihres Produktes nun erlaubt oder verboten ist, liegt zunächst im Ermessensspielraum der für Sie zuständigen Behörde und in letzter Instanz bei dem für Sie zuständigen Gericht. Wir bei LMC raten generell von einer „Frei von“-Kennzeichnung ab, um die behördliche Beanstandungsgefahr so gering wie möglich zu halten. Natürlich liegt es in Ihrer Risikobereitschaft als verantwortliche Person, ob und welche „Frei von“-Kennzeichnung Sie für Ihr Produkt verwenden möchten.

  

Hierzu möchten wir Ihnen noch Folgendes zu bedenken geben: Die „Frei von“-Kennzeichnung mag für das Marketing oft attraktiv wirken. Ganz nach dem Motto „Machen doch alle so“. Allerdings werden durch die breite Verwendung dieser Kennzeichnung viele Rohstoffe ins taktische Aus befördert und das Feld z. B. der wirksamen Konservierungsstoffe stark eingeschränkt. Dies zeigt sich gerade am Beispiel der Parabene. Durch die jahrelange Kennzeichnung von kosmetischen Produkten mit dem Claim „ohne Parabene“, haben diese beim Verbraucher ein negatives Image erlangt, obwohl die wissenschaftliche Datenlage die Sicherheit dieser Stoffgruppe mehrfach belegt hat. Damit hat sich die Industrie selbst eine Gruppe von sicheren und verträglichen Konservierungsstoffen verbaut. In diesem Feld ist aus unserer Sicht daher ein Umdenken sowohl in der Industrie als auch beim Verbraucher wünschenswert.

 
Wir hoffen, Ihnen mit diesem Beitrag einen Einblick in das komplexe Thema der „Frei von“-Kennzeichnung gewährt zu haben. Haben Sie noch Fragen dazu – allgemein oder ganz konkret – wenden Sie sich an uns. Wir beraten Sie gerne.
  

Ihr Team von LMC Service